Himpten
Fragende Blicke und verständnisloses Kopfschütteln waren die Reaktion auf meine Aussage: „das nächste Objekt des Monats wird der Himpten“. Und hätte man mich vor meiner kurzen Recherche gefragt, was denn bitte ein Himpten sei – ich hätte nicht die blasseste Ahnung gehabt.
Das Exponat mit dem seltsamen Namen ist in der landwirtschaftlichen Abteilung im ersten Obergeschoß des Industriemuseums ausgestellt. Es handelt sich um einen schweren hölzernen Eimer mit drei schmiedeeisernen Füßen und ornamentalen, umlaufenden Eisenbeschlägen. Derartige Eimer, beziehungsweise Himpten, dienten überwiegend in Norddeutschland bis in die 1850er Jahre als ein Hohlmaß für Getreide. Im Grunde funktioniert so ein Himpten wie ein gewöhnlicher Messbecher. Anhand der Skalen kann man mit einem Messbecher ganz verschiedene Lebensmittel, wie etwa Mehl, Gries oder Zucker abmessen. Nun hat ein Himpten zwar keine Skala, aber das maximale Fassungsvermögen war genau festgelegt. Dementsprechend kann man mit dem Himpten aus dem Industriemuseum 50 Pfund Weizen, 50 Pfund Bohnen oder 35 Pfund Hafer abmessen. In den verschiedenen Regionen Deutschlands waren zum Teil auch andere Hohlmaße üblich – zum Beispiel Wispel, Stof oder Malter. Und auch das Fassungsvermögen des Himpten konnte je nach Region unterschiedlich ausfallen. So war ein Himpten in Schleswig-Holstein größer als in Hamburg aber kleiner als in Kassel.
Heute werden solche Getreidehohlmaße nicht mehr verwendet. Um 1900 wurden sie auf norddeutschen Bauernhöfen und Mühlenbetrieben von der Balkenwaage und vor allem von der sogenannten Dezimalwaage abgelöst. Der Vorteil der Dezimalwaage war, dass man wenige schwere Gegengewichte brauchte. So wiegen 10 Kilo an Gewichten auf der kleinen Seite der Waage 100 Kilo Getreide auf der großen Seite auf. Dieses Prinzip können Sie im Industriemuseum selber ausprobieren.
Bevor das Korn mit dem Himpten gemessen und an die Mühlen verkauft wurde, war der Arbeitseinsatz von vielen Männern, Frauen und auch Kindern erforderlich. Denn der Anbau und die Ernte von Getreide waren lange Zeit, wie alle landwirtschaftlichen Arbeiten, von Handarbeit und Körperkraft geprägt. Nach dem Pflügen, Eggen, Säen, Jäten und Ernten musste das Korn noch durch das Dreschen vom Stroh getrennt werden. Vor der Erfindung der Dreschmaschine war der Handdrusch mit dem Dreschflegel eine Aufgabe für den ganzen Winter. Die Garben wurden auf der Diele ausgelegt und drei bis vier Männer droschen nun auf die Ähren ein. Das Sprichwort „De fritt as so`n Schündrescher“ zeugt davon, wie viel Energie diese Arbeit kostete.
Mit der durch Pferde oder Dampf betriebenen Dreschmaschine war das Dreschen der gesamten Ernte nur noch eine Sache von wenigen Tagen. Die Maschinen gehörten meist Lohnunternehmern die mit angeheuerten Saisonarbeitern von Hof zu Hof zogen. Neben zwei oder drei Fachkräften waren über 20 ungelernte Arbeiter zum Betrieb der Dampfdreschmaschine notwendig. Die Dauerarbeitsplätze der ländlichen Facharbeiter gingen durch diese Maschinen verloren. Heutzutage werden die modernen Mähdrescher von nur einer Person gefahren.
Wenn Sie mehr über die Auswirkung der Industrialisierung auf den arbeitsintensiven Getreideanbau erfahren wollen besuchen Sie doch die landwirtschaftliche Abteilung im ersten Obergeschoß des Industriemuseums Elmshorn.
Inventar-Nummer: 1982-0017
Datierung: 1815
Maße: Höhe 40 cm, Durchmesser 39 cm
Material: Holz und Eisen