Flüssiges Brot aus Elmshorn: Braukunst an der Krückau
Hopfen, Malz, Hefe und Wasser – seit 1906 gelten in Deutschland die erstmals vor 500 Jahren in Bayern formulierten strengen Brauvorschriften für Bier. Über Jahrhunderte gehörte es zu den wichtigsten Getränken der breiten Bevölkerung. Selbst Kinder tranken Bier, das allerdings früher einen deutlich geringeren Alkoholgehalt hatte als heute. Der Alkoholanteil gewährleistete eine keimfreiere Alternative zum oftmals stark verschmutzten Trinkwasser. Als „flüssiges Brot“ galt Bier zudem als nahrhafte Ergänzung des Speiseplans.
Auch in Elmshorn schlug sich der allgemein hohe Bierkonsum sichtbar nieder: Vom 18. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein prägten zahlreiche Brauereien und Gastwirtschaften die Stadt.
Der Bierstreit zwischen Barmstedt und Elmshorn
Das Elmshorner Bier genoss einen hervorragenden Ruf; laut dem Heimatforscher Konrad Struve sehr zum Leidwesen der Barmstedter Brauer, deren Bier selbst im eigenen Ort kaum Abnehmer gefunden habe. 1731 habe daher die Regierung in der Grafschaft Rantzau den Barmstedter Gast- und Schankwirten verboten, weiterhin Elmshorner Bier auszuschenken. Zugleich habe sie jedoch auch verfügt, dass die Brauer in Barmstedt jeglichen finanziellen Ausfall zu ersetzen hätten, sollten die Einnahmen der Wirte – und damit deren Abgaben an die Regierung – auf Grund des schlechten Bieres sinken. Der Streit sei damit jedoch keineswegs beigelegt gewesen und 1736 habe der Verwalter der Grafschaft feststellen müssen, dass das Elmshorner Bier nach wie vor auch in Barmstedt und Umgebung am beliebtesten sei.
Die Brauerei Möhring in der Königstraße
Die wohlhabenden Elmshorner Brauerfamilien waren durch Eheschließungen eng miteinander verbunden, so zum Beispiel die Familien Junge, Heins, Früchtenicht und Diercks. Auf einen weiteren bekannten Elmshorner Brauer verweist das Objekt des Monats, das 1986 bei Grabungsarbeiten in der Innenstadt gefunden wurde: Die braune Glasbierflasche trägt die Aufschrift „Eigenthum von Jhs Möhring Elmshorn unverkäuflich“. Johannes Möhring kaufte 1885 von Michel Junge das Gebäude in der Königstraße 56, das seitdem als „Möhringsches Haus“ bekannt war. Junge hatte es 1780 als Brauerei und Brennerei bauen lassen. Bis 1917 setzte Möhring dort den Braubetrieb fort. Dann musste er diesen einstellen, da im Zuge des Ersten Weltkrieges alle kupfernen Einrichtungsgegenstände an die Regierung abgegeben werden mussten. In der Folgezeit führte die Familie eine Weinhandlung, bis 1970 bestand auch eine Schankwirtschaft. 1972 übernahm die Stadt das spätbarocke Bürgerhaus, das heute unter Denkmalschutz steht, und wendete damit den drohenden Abriss ab. Seit 1976 ist hier die Stadtbücherei untergebracht.
Blick auf die Häuser in der Königstraße 56 und 58. Rechts das Möhringsche Haus.
Das Ende des Möhringschen Braubetriebs 1917 hatte zwar besondere Umstände, war aber kein Einzelfall. Der sinkende Bierkonsum und die zunehmende Konzentration der Produktion in überregionalen Großbrauereien führten zur Schließung zahlreicher Betriebe. In Elmshorn verschwanden zugleich etliche Gastwirtschaften aus dem Stadtbild: Sollen es bis 1932 noch über 110 gewesen sein, nahm diese Zahl seitdem rapide ab.
Noch mehr Geschichten rund um das Brau- und Schankwesen in Elmshorn können Sie auf dem Stadtrundgang mit dem Bierkutscher Kuddel erfahren, der als Programmneuheit am 11.09.2016 erstmals stattfindet. Teilnehmende müssen mindestens 18 Jahre alt sein. Die Führung startet um 15 Uhr am Industriemuseum und kostet 5 Euro pro Person.
Inventarnummer: 1986-0030
Datierung: 1885-1917
Material: Glas (braun)
Maße: H 27 cm, Durchmesser 5,5 cm
Hersteller: Brennerei Johannes Möhring, Elmshorn
Standort: Konrad-Struve-Haus, Dauerausstellung, EG