Objekt des Monats Dezember 2022 – Weihnachtskrippe
von Sonja Degenhard
Datierung: vermutlich um 1900
Material: Holz, pflanzliches Material, Kleber, Farbe, Leder, Garn
Maße: 57 cm hoch, 50 cm breit und 28,5 cm tief
Hersteller und Herstellungsort: unbekannt
Inventarnummer: 2022-0104
Die Geburt von Jesus Christus
Ein Engel mit dem Spruchband „Gloria in Excelsis Deo“ („Ehre sei Gott in der Höhe“) schwebt über dem Stall. Das aus Holzziegeln gefertigte Dach ist mit Moos beklebt und besitzt eine Dachboden-Luke. In der angedeuteten Futterkrippe für die Tiere liegt etwas Stroh. Das neugeborene Jesuskind hingegen liegt nicht wie traditionell in einer Krippe, sondern eher in einer Wiege. Um das Kind herum sind mehrere Menschen und Tiere versammelt, deren biblische Bedeutung zentral für das Erzählen der Weihnachtsgeschichte ist. Neben der sitzenden Maria, der Mutter von Jesus, und dem knienden Josef haben sich bereits die Heiligen Drei Könige eingefunden. Sie überbringen dem Jesuskind kostbare Geschenke. Caspar, der oft als Afrikaner mit dunkler Haut dargestellt wird, überreicht Myrrhe. Die bitter schmeckende Myrrhe gilt als Vorbote des Leidenswegs Jesu. Caspar hat auch einen Diener mit Turban mitgebracht. Melchior, der oft als Europäer dargestellt wird, überreicht Gold. Das Edelmetall ist einem König würdig, denn Jesus ist Gottes Sohn. Balthasar überreicht Weihrauch. Das duftende Weihrauchharz ist ein teures Handelsgut und galt zur damaligen Zeit als Luxusprodukt. Zu Balthasar gehört auch das Kamel, da er der Repräsentant Asiens sein soll. Somit kommen Würdenträger aus der gesamten damals bekannten Welt zum Jesuskind. In einigen Krippentraditionen werden die Heiligen Drei Könige erst am Dreikönigstag, dem 6. Januar, aufgestellt. Den Adligen steht das einfache Volk gegenüber. Eine Frau bringt in einem Krug Wasser und in einem Korb Nahrung für die Anwesenden. Ein Schäfer hat ein Lamm auf dem Arm, zwei weitere Hirten beugen sich neugierig vornüber, um einen Blick auf das Jesuskind zu erhaschen. Einer von ihnen hat ehrfürchtig seinen Hut gezogen. Zuletzt sind noch zwei Hirtenjungen zugegen. Einer spielt ein Instrument, das einem Dudelsack gleicht, und ein anderer kniet im Gebet. Vier Schafe und ein Ochse vervollständigen die Szene. Der Ochse, der meist im Hintergrund liegt, symbolisiert als Lastentier Jesus‘ Aufnahme der Sünden der Menschheit.
Die Tradition der Weihnachtskrippen
Die Tradition, in der Weihnachtszeit die biblische Geburt von Jesus Christus figürlich darzustellen, geht vermutlich auf den Heiligen Franz von Assisi zurück. Im 13. Jahrhundert stellte er mit lebendigen Menschen und Tieren in einer Futterkrippe im Wald die Weihnachtsgeschichte nach. Dadurch verstanden auch diejenigen Gläubigen die Geschichte, die nicht lesen konnten. Die 1615 im Salzburger Benediktinerinnenkloster aufgestellte Krippe ist der erste schriftliche Beleg für diese Tradition. Im Laufe der Zeit erfuhr die Tradition des Krippen-Aufstellens immer wieder Wandlungen und Trends. Zeitweise war es sogar verboten, die Weihnachtsgeschichte mit Figuren aufzubauen. Heute gibt es Krippen aus vielen verschiedenen Materialien und mit unterschiedlichen Figur-Ensembles. Wussten Sie zum Beispiel, dass neben dem Kamel auch das Pferd als Reittier des europäischen Königs Melchior und der Elefant als Reittier des afrikanischen Königs Caspar gern gesehene Gäste in vielen Krippen sind? Ob auch ein Pferd und ein Elefant ursprünglich zu der ausgestellten Krippe gehörten, ist allerdings leider unbekannt.
Eine Schenkung des Elmshorner Kantors Hartmut Deutsch
Hartmut Deutsch (1947-2022) war 33 Jahre lang der Kantor der Elmshorner Nikolai-Kirche. Im März 2022 schenkte er dem Industriemuseum die Weihnachtskrippe seiner Patentante. Zwei Monate später starb er unerwartet. Mit der Krippe gelangte eine Erinnerung an seine legendären Weihnachtskonzerte in die Sammlung des Industriemuseums. Hartmut Deutsch unterstützte auch die Museumsarbeit. Ehrenamtlich spielte er drei Musikstücke auf dem Harmonium aus der Sammlung des Industriemuseums. Diese sind seither in der Audiostation neben dem Harmonium der Elmshorner Firma IPH Kröger in der Dauerausstellung im zweiten Obergeschoss zu hören.
Wer eine Weihnachtskrippe in Lebensgröße bestaunen möchte, muss nicht weiter bis auf den Elmshorner Lichtermarkt gehen. Hier ist eine offene Krippe zu sehen, die auch von Nahem begutachtet und angefasst werden darf. Die Krippe von Hartmut Deutsch hingegen hat mit ihren knapp 60 cm genau die richtige Größe für eine weihnachtlich dekorierte Anrichte.