Filigranes Prachtstück: Silberne Zuckerzange für das süße Gold
Mit dem Monat Februar endet dieses Jahr auch der Karneval und die Fastenzeit steht vor der Tür. Für viele Menschen ist dies traditionell ein Anlass, bis Ostern bewusst auf etwas zu verzichten. Hoch im Kurs steht dabei, Süßigkeiten zu vermeiden. Doch nicht nur in Kuchen, Schokolade, Eis und anderen Süßspeisen ist Zucker heute alltäglich. Als Süß- und Konservierungsstoff in Getränken, Marmeladen, Fertiggerichten und etlichen weiteren Lebensmitteln ist er allgegenwärtiger Bestandteil unserer Ernährung. Noch vor gut 200 Jahren war Zucker jedoch ein teures Luxusgut.
Süße Kostbarkeit
Zuckerrohr stammte ursprünglich aus dem südpazifischen Raum und erreichte bis ins frühe Mittelalter den Mittelmeerraum. Die Tropenpflanze ließ sich aber nur in wenigen Regionen anbauen, so dass Zucker in unseren Gefilden über Jahrhunderte eine kaum erschwingliche Rarität blieb. Dies änderte sich mit der Kolonialisierung Amerikas: Bereits Kolumbus führte Ende des 15. Jahrhunderts Zuckerrohr in der Karibik ein, die sich wie Brasilien als optimaler Anbauort herausstellte. Unter den europäischen Kolonialmächten entstanden bis ins 18. Jahrhundert riesige Zuckerrohrplantagen, auf denen Millionen einheimische und afrikanische Arbeitskräfte unter unmenschlichen Bedingungen versklavt wurden. Die stetig wachsende Zuckerproduktion bedeutete zugleich sinkende Preise. Dies begünstigte eine steigende Nachfrage in Europa.
Das „süße Gold“ stieg bis 1800 zu einem mächtigen Wirtschaftsfaktor im Welthandel auf. Nach Schleswig-Holstein kam vor allem Rohzucker von den dänischen Karibikinseln, der über Altona und Flensburg importiert und in Raffinerien weiterverarbeitet wurde. Zucker blieb jedoch ein kostbares Luxusgut.
Um die wachsende Nachfrage günstiger zu bedienen, begann in Europa die Suche nach alternativen Zuckerquellen. Der deutsche Chemiker Marggraf entdeckte bereits 1747, dass aus Rüben gewonnener Zucker identisch mit Rohrzucker ist. Sein Schüler Achard züchtete um 1800 erfolgreich die Zuckerrübe. Die europäische Zuckerwirtschaft setzte daher im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmend auf Zuckerrüben, die auch in Schleswig-Holstein angebaut wurden. So konnte Zucker zum erschwinglichen Massensüßstoff werden.
Silberschmiedekunst aus Elmshorn
Unser Objekt des Monats stammt aus genau dieser Zeit, in der die Weichen für den Wandel des Zuckers vom Luxusgut zur Massenware gestellt wurden: In die filigrane Zuckerzange aus Silber ist das Jahr 1827 eingraviert. Sie ist zum einen Beleg für die damalige Verbreitung von Zucker in Haushalten in Elmshorn und Umgegend. Zum anderen verweist sie auf seine Kostbarkeit, denn als aufwändig gestaltetes, repräsentatives Besteck aus Silber gehörte sie vermutlich in einen wohlhabenden Haushalt. Die Zuckerzange ist mit einem Blumenmuster und fein gearbeiteten Schmuckelementen verziert. Sie stammt aus der Hochphase des Gold- und Silberschmiedehandwerks in Elmshorn zwischen 1730 und 1850. Allein in der Stadt gab es damals rund 40 Meister. Viele Werkstätten befanden sich in der Niederländerstraße, dem heutigen Flamweg. Gerade die reicheren Bürger der Stadt und Bauern in den Elbmarschen konnten sich die kunstvollen Gold- und Silberarbeiten leisten – und sicher auch den Zucker aus Übersee.
Noch mehr Prachtstücke aus der Elmshorner Geschichte können Sie im Konrad-Struve-Haus der Ortsgeschichte in der Bismarckstraße 1 entdecken. Ein Besuch lohnt sich! Das Haus ist mittwochs von 14-17 Uhr und sonntags von 11-13 Uhr geöffnet.
Inventarnummer: A-0203
Datierung: 1. Drittel des 19. Jahrhunderts (1827)
Material: Silber
Maße: L 14,5 cm
Herkunft: Elmshorn
Standort: Dauerausstellung, EG, Konrad-Struve-Haus der Ortsgeschichte